Normahl sind auch nicht totzukriegen- und das ist gut so, sind sie immer noch ein echter Lichtblick in der ansonsten eher trüben Deutschpunk Suppe, in der meist das Motto gilt „mehr Parolen, mehr Klischee, mehr Klischee“. Mittlerweile läuft der Zirkus der Schwaben nun auch schon seid 30 Jahren, da kann man sich einiges einfallen lassen: Zum Beispiel ein Wiederauflegen alter (und kult gewordener) Scheiben sowie das hier real gewordene Projekt „Jong’R“ was uns neben einer Audio CD auch noch eine DVD bietet. Fangen wir bei der Audio CD an. Hier haben wir 19 Titel und ich denke es geht O.K. die Setlist als kleines Best Of zu betiteln. Mit Stücken wie „Berlin“ / „Darum bleib ich Punk“ / „Nach all‘ den Jahren“ (top!) / „Verarschung total“ / „Rockabilly Jimmy“ / „AVC“ / und dem großartigen „Geh’n wie ein Tiger“ von der „Blumen im Müll“ (ein nach wie vor, wie ich finde absolut unterbewertetes D-Punk Album) grade für die jüngeren, die bei diesem Package das erste mal von Normahl hören, ein guter Überblick über das Programm der Schwaben. Die Lieder finden sich natürlich auch in dem Film „Jong’r“ wieder, der sich auf der zweiten CD /DVD dieses Doppel CD Albums wiederfindet. Hier bin ich etwas geteilt, denn der Film Jong’r hat zwar eine Handlung, die in den Grundzügen und der Idee gut gedacht ist, aber etwas lückenhaft und schnell zusammengeschustert erscheint. Sympathisch ist das mitspielen der Band Normahl selbst, die hier in genau die Rollen schlüpfen, die sie als Jugendliche sicher „auf der anderen“ Seite gesehen haben- gänzlich tragikomisch ist dagegen das was die gecasteten „Schauspieler“ hier als „Punks“ darstellen sollen. Dümmer, peinlicher und grade was den Ostbesuch in „Jong’R“ betrifft ein totaler Reinfall. UNMÖGLICHER hätte man das nicht darstellen können. Insbesondere schmerzt dies, da grade die Ostpunks zu Zeiten in denen dieser Film spielen soll (erspart mir das aufzählen von haufenweise Literatur, Einzelschicksalen und Interviews auch aus diesem Mag.)durch das heimische System, in dem sie jeden Tag um ihre Eigenständigkeit kämpfen mussten, es definitiv nicht verdient haben als solche Vollidioten und peinlich aufgemachten Schauspielschüler (mit Karnevalssprühfarbe in den Haaren) und komplett in eigener Blödheit begriffen dargestellt zu werden. Amüsant ist dann wieder der Auftritt des Chefs der Fischer Chöre, der es sich nicht hat nehmen lassen, in diesem Projekt mit einem Kurzauftritt mitzuwirken. Unterm Strich ein Film, den dei Welt nicht unbedingt brauch und der sich über manche Stellen etwas zu sehr zieht, leider! Dennoch hat die DVD noch einen Menüpunkt, der sich als Bandfeature zur Band Normahl entpuppt und der vieles wieder `rausreißt. Mit Interviewblöcken und Rückblenden wird die eigene Bandgeschichte wiedergegeben, unterhaltsam erzählt (Lars, bitte trotzdem die Sonnenbrille ausziehen. Wir sind hier nicht beim Rock Giants Feature auf VH-1) und auch einige interessante Stories zu Dingen wie den in den 90ern immer populärer werdenden Rock gegen Rechts Konzerten erfährt man. Zum Beispiel, dass Normahl sich von diesen Dingen immer mehr zurückgezogen haben, weil sie von der „auf den Zug Springerei“ einiger, die das ganze mehr aus Marketingtechnischen Gründen als aus echter Überzeugung verfolgt haben, angewidert waren. Dieses Feature ist wirklich interessant gestaltet und zu keinem Moment langweilig zu verfolgen. Für Fans der Band sicher ein Muss, für Neu-Normahler ein guter Schritt die Band anzutesten und wer dazu noch ne komplette Bandgeschichte in eigenen Worten erzählt bekommen möchte, der kann hier zugreifen. 3-4/7
Angelika Express – Die dunkle Seite der Macht (Peng)
Der Opener heißt „Herdplatte an“ – meine will gleich wieder ausgehen, denn der Track ist einfach nur furchtbar. Turn off total (ich habe so ein abstoßendes Gefühl selten gehabt geben ich zu, die Fülle an Schrammel Musik anderer Richtungen hat mich hart werden lassen..) und hätte ich nicht dem Postboten die Tür öffnen müssen und das Ding wäre weitergelaufen, ich hätte das folgende nicht mehr gehört. Was Schade gewesne wäre, denn mit der Folgenummer „Wo ist Mister Schlimm“ hat man nicht nur einen der Hits auf der Platte im Gepäck, nein, es geht auch gänzlich anders als beim „polarisierenden“ Intro weiter. Schmissig mit einem Schuss Pop im nicht zu verletzenden Punkrock mit großem Indie Anteil geht’s durch insgesamt 13 Nummern, die durch Witz, Arrangement und gute Ideen bestechen. Nach zweimaligem durchgelaufen fängt der Tonträger erst richtig an zu wachsen (bis auf den Opener- wir beide werden in diesem Leben keine Freunde mehr) und zu einem rundum sympathischen Indierock Album mit Charme und Wortwitz zu werden. Das dabei auch noch der Bezirk 7 besungen und Porz die Geltung zugleich wird, die es schon lange verdient hat verzückt natürlich noch zusätzlich. Anspieltipps „Wo ist Herr Schlimm“ / „Ekelhaft Glücklich“ / „Christin“ / „Hey Rudi“ / „Wohin mit den Milliarden“ / „Ich klau die Zeit zurück“ – Ein echter Spaßmacher, der durch Lockerheit und Innovatives besticht. Ich bin gespannt wie es hiernach weitergeht! 6/7
Normahl – Das ist Punk, reloaded Versions (Foobar)
Auch wenn ich dafür in der Vergangenheit nicht selten entnervtes Augenrollen ernten durfte, aber Normahl sind sicherlich eine der Bands, die man mit Deutschpunk in Verbindung bringen kann, der nicht mit der „üblichen“ Kindergarten Revoluzzer Attitüde nervt. Dieses Banner haben die Schwaben seid Jahren hochgehalten und genau aus diesen Dekaden, von der „Stuttgart über alles“ EP bis zur heutigen Zeit stammen die Lieder, die hier auf einer nicht ganz alltäglichen Best Of zusammengefasst wurden. Nicht alltäglich deswegen, da die hier zusammengetragenen Lieder allesamt neu aufgenommen wurden. Nun ist so ein „neu aufnehmen „ immer so ne Sache, denn nicht oft wird hier ein alter Hit Opfer von „zu gut gemeinter“ neuer Aufnahme, an der im Nachhinein irgendetwas neu geschraubt oder verändert wurde. O.K., ich verstehe da die Künstler, die seid Jahren das gleiche verdammte Lied spielen müssen um damit die Leute zu bespaßen, aber nach all‘ den Jahren irgendeine , wenn auch nur eine Kleinigkeit, ändern wollen- die Frage ist nur, ob das die Freunde einer Band so wollen. Diese Frage umgeht man hier geschickt, in dem man die hier handverlesenen Lieder zwar neu aufnimmt (in heutiger Soundqualität & hörbar routinierter als es bei einigen „originalen“ der Fall war), allerdings ohne dabei den Charme zu verlieren, der eben Songs wie „Fraggles“ /Fahneneid“/ „Biervampir“/ „Drecksau“(wobei man sämtliche Lieder der „Blumen im Müll“ NICHT besser als auf dem Original bringen kann!!) zu Aushängeschildern diese Band gemacht hat. Insgesamt 26 Lieder gibt es auf dieser neuen „alten“ Best Of, bei denen man sich nur in seltenen Momenten denkt, dass man hier besser die Finger vom Neuarrangement gelassen hätte , bzw. durch etwas zu viel Drumherum zu aufgepumpt hat, wie z.B. beim Solo-Teil von „Punk ist keine Religion“. Dennoch: Solides Best Of Unternehmen, auch wenn ich die originalen Aufnahmen immer vorziehen würde. Da hätte mir das hier, zusammengefasst im Zuge eines neuen Livealbums, weitaus besser gefallen. 3/7
Evil Conduct – Home sweet Home (Randale)
Ray & Hando werden ihrer Bruderliebe, wie ihres musikalischen Wirkens nicht müde. Wieder mal legt man im gewohnt traditionellen Skinheadsound der 80er zwei neue Titel auf dieser limitierten Single vor, die von Freunden der Band sowie Sammlern wahrscheinlich eben so heiß erwartet wurde, wie höchstwahrscheinlich (bei der üblich peinlich genauen Randale-Records Nummerierung) bereits im eigenen Besitz sein dürften. Mit „One of the Boys“ erinnert man zu Anfang ein bisschen an alte West Side Boys und gibt sich im Gesang fast schon ungeahnt melodisch. Mir vielleicht unterm Strich etwas zu verwackelt und an einigen Passagen unnötig in die Länge gezogen, aber dafür entschädigt dann das Titelstück der Single, das mit flottem Loafer-Schuh eben genau den typischen Sound bietet, den die Band mittlerweile als ihr Aushängeschild hat, ohne diesen zwingend ändern zu müssen. Von hinten ruft grade wer, dass die Band seid jeher das gleiche Lied spielen würde- das sagen die einen, die andern nennen so was „stilsicher“! Cheers Ray & Han, Groetjes uit Porz/Rhein 5/7
Admiral James T. – The War is over and I’ve won (Leech)
Admiral James T. is‘ schon `n Guter. Ich weiß nicht ob er vielen hier was sagen wird, immer hin ist seine Musik wohl mit „speziell“ und „sehr eigenständig“ recht gut umschrieben. Trotzdem hat die Mucke eigenen Charakter. Eine Sache, die mir mit den Jahren immer wichtiger geworden ist, wenn etwas zum besprechen vorlag. AJT bewegt sich mit diesem Output wieder an der Grenze und im Grenzgebiet zwischen 60ies Garage, Punkrock, Country, Indie, Pop und sämtlichen Sparten der Musik, die alles sind, außer das was jeden Tag im Radio läuft und nervt. So gibt es mit „Spot on the Floor“ eine 60ies Garage beeinflusste Nummer, ungefähr 6 Jahre vor Hive’s Idiot walk geparkt und direkt im Anschluss einen Song wie „Graveyard“, der – wenn wir es nicht besser wüssten- irgendwann in den Zeiten des Countryrocks so auch von Gram Parsons hätte aus dem Hut gezaubert werden können. Somit ist gleich zu Anfang klar, dass hier GAR NICHTS klar ist und eine wirkliche Schublade gibt es dafür auch nicht, trotzdem –oder vielleicht grade dessen mag ich das Ding aber. ..und wer sich fragt wie sich die Beatles zusammen mit den Flying Burito Brothers angehört hätten findet mit „Too late“ die Antwort auf seine Fragen –und das ganz ohne Acid! Mit „The Attic“ gibt es dann eine Mid 70er Rock-Pop Ballade mit Noise Pop Mittelteil, anstatt Solo.. bei „My favourite Game“ tritt man aufs Distortionpedal, bei „Guts Guts“ geht’s mit Klimperorgel und Leierbeat zur Sache.. so geht das Spiel schon seid `94: Nichts ist vorhersehbar, nix in einer Schublade zu Hause, wieso sollte sich das heuer (nach 15 (!) Platten) auch anders sein. Wer Beach Boys, die weitere Arbeit darüber hinaus von Brian Wilson mag, Gram Parsons und die Flying Burito Bros. Schätzt und im gesamten die Musik von Gestern mehr schätzt als das Heute, der sollte dem Admiral sein Ohr leihen. 4/7
Farmer’s Boulevard – Fear, Loss & Dedication (PCS)
Nein, das hier ist nicht New York – die Herren, die sich hier um Leib & Leben kloppen, kommen aus Leipzig! Brachial und ohne Rücksicht auf Verluste, mit klarer antifaschistischen Ansage und der Good Night White Pride Kampagne im Rücken ballern die LE‘er hier drauf los, als ob es kein Morgen gäbe. Da bleibt keine Zeit zum durchatmen und man ist nach den 5 Hochgeschwindigkeitstritten hier fast schon dankbar, dass nach Durchlauf der CD für `nen kurzen Moment wieder die Ruhe einkehrt. In der Tat, wo die Farmer hintreten wächst erst mal kein Gras mehr. Dabei wird nicht blind kopiert was alte NYHC Helden bereits tausendfach vorgegeben haben, sondern -trotz bedienen der Oldschool Schiene- immer noch das eigene Banner und die eigene Note hochgehalten. Die EP setzt sich dabei aus 3 neuen/ unveröffentlichten Stücken und zwei alten Songs aus `98 zusammen. Letztere stammen vom ersten Demo Tape-wurde hierfür aber natürlich neu aufgenommen. Was gut gefällt, sind dabei auch deutschsprachige HC Klopper, die einen schönen Kontrast zum Ami-Style beeinflussten Sound setzen. Old School HC Fans werden hier das Mosh Pit zu Kleinholz Schlagen – sicher auch ein Grund, wieso diese 5 Song CD-EP in peinlichst genau auf 111 Stück limitierter Jewel Metal Box ausgeliefert wird.. unkaputtbar scheint hier Pflicht! Hardcore Fans sollten hier unbedingt antesten! Anspieltipps: „Let’s talk“ & „Never give up“. Mosh it!! 3/7
Da haben sich Randale was vorgenommen. Im schicken Klappcover und mit zwei schweren LP’s sowie einer 5 Song 12“ Platte (mit raren Songs) setzt man zur totalen Materialschlacht an. Finden tun wir beim genauen hinsehen dann die beiden Superyob-Alben „Aggrophobia“ und „Machine Guns & Alcohol“ + 5 seltenen Tracks (dem ein oder anderen werden vielleicht noch „Living in a Doorway“ & „Refugee“ von der Single & EP Collection auf Hammer Rec. geläufig sein, die hier noch einmal ins Gesamtbild geschoben wurden). Macht unterm Strich insgesamt schon einmal 25 Songs. Kein schlechter Schnitt! Vor allem für Leute, die bisher noch nichts von Franky Flame im Schrank haben und hier mit einem Schlag massig Material abgreifen können. Der Sound von Superyob ist und bleibt dabei natürlich alter, englischer East End Oi! mit `nem gewaltigen Schuss Pub-Rock, Rock n Roll Kante und teils abenteuerlicher Schweineorgel. Die Knüppel aus dem Sack- Fraktion geht hierbei also leer aus, dafür kommt der auf seine Kosten, der auf Melodie und Rhythmus steht. Wer Oi! der ersten Welle mag und zudem noch ein Ohr für Gitarrensoli und rockige Riffs hat, liegt dabei goldrichtig. Anspieltipps aus dem Fundus dieser 25 Titel wären von meiner Seite aus „Chance“ / „Local Boy“/ „Ain’t gonna take it“/ „One of the Boys“/ „English Rose“ sowie die 12“ Beilage komplett. Ihr seht schon: Sattes Package, das dicker wohl schwerer im Superlativ Pfeil zu bieten hätte sein dürfen, wie hier. Für Neueinsteiger sowie all‘ die, die Superyob Alben ohne lange Importscherereien suchen, eine gut gemeinte Bezugsoption von Randale Records. 5/7
Boo Boo Davis – Undercover Blues (Black & Tan) ++ BEZIRK 7 TIPP ++
Wie Schwarz magst Du deinen Kaffee? Wie schwarz willst Du den Blues? Wenn auf beides PECHSCHWARZ die Antwort ist, dann liegst Du mit diesem Album der Blues Legende Boo Boo Davis goldrichtig. Authentischer, düsterer, dreckiger und ehrlicher eingespielt kann man ein Blues Album nicht hinbekommen. Ganz sicher und ERST RECHT nicht im Jahre 2010. Nicht umsonst hat es das aus Mississippi stammende Bluesunikum in der Vergangenheit auf die gleichen Bühnen geschafft wie JOHN LEE HOOKER, ELMORE JAMES und PETE WILLIAMS, wer sich für Blues interessiert, der wird spätestens jetzt wach! 12 Nummern zwischen klassischem Blues, rauen Geschichten getretener Seelen, aber auch Spielfreude und guter Laune beinhaltet dieses, mittlerweile siebte, Album von Boo Boo Davis und ich muss ehrlich sagen, dass ich lange kein Blues Album mehr gehört habe, was so sehr die alte Schule bedient hat, dass man sich vorm inneren Auge bereits in `nem finsteren Kellerclub sitzen und dieser Musik live zuhören sieht. Kein Überflüssiges Studio Schnick Schnack, sondern eine im Studio live eingespielte Aufnahme, die an Natürlichkeit und genretypischer Aussagekraft nicht zu Toppen ist. Dafür gibt es –man glaubt es kaum- an dieser Stelle ohne Umwege die volle Punktzahl und eine Empfehlung für alle, die sich irgendwann im Leben ein vernünftiges Blues Album zulegen wollen aber noch nicht wissen welches und sowieso für die, die Über Country, Bluegrass, Rockabilly, Rhythm &Blues bereits ein offenes Ohr für pechschwarzen Mississippi Sound haben. Anspieltipps: „Undercover Blues“/ “Alligator Blues” / das großartige “Have a good Time” / “Shoot the Dice” und “Number One”. 7/7
Pascow – Alles muss kaputt sein (Rookie)
Ungeschliffen aber nicht planlos, so prescht sich dieses Album durch die 15 Stücke, die uns kurz nach einlegen der CD erwarten. Deutschsprachiger Punkrock mit immens pushendem Schlagzeug und teils abstrakt / aber immer gut überlegten bissigen Texten. Dazu gibt es kantige Gitarren, Gesang der manchmal fast schon schmerzlich sein Gehör fordert und die volle Breitseite an intelligent inszeniertem Punk aus Deutschland, der zeigt dass man auch fern ab vom Einheitsbrei kann. Mit „The strongest of the Strange“ / „Äthiopien hat die Bombe“ / „Mond über Moskau“ / Deine Bastards“ und „Wir glauben an gar nichts und sind nur hier wegen der Gewalt“ legt man ein frisches wie eigenständiges Album vor, das darauf wartet einen Lichtpunkt im oftmals trüben deutschen Punkbrei (ich schreibe bewusst nicht D-Punk Brei) zu setzen, in dem zwischen Posern und Pseudo Erstlingssemester Rebellen oft nur wenig Platz für `nen wirklich Tritt in die Eier bleibt – und damit trägt man dem Titel des Albums gerechte Weise! Ab geht’s!! 5/7
Normahl – Auszeit (Foobar)
Eines der schwächsten Alben von Normahl haben wir leider hier zu beklagen. Irgendwie wirkt das alles wie der verzweifelte Sprung in den Mainstream zu wollen. Bisweilen mit seltsamen Versuchen. So ist der Song „Sex am Telephon“ (der extra für eine Telephonsex Werbung in den 90ern geschrieben wurde) genau so befremdlich wie die schlichtweg aufgesetzt wirkende Schlussnummer „Get insane“, die sich irgendwo zwischen verzweifeltem Hardrockversuch und falsch ausgesprochenem englischen Gesang einer bandexternen Frau befindet. Das Einstreuen von Effekten und Synthesizern tut den Rest dazu. Bis auf „Punk ist keine Religion“ wirkt dieses Album wie der verzweifelte Versuch aus alten Fußstapfen ausbrechen zu wollen. Die zwei Coverversionen, die dieses Album enthält sind auch eher unglücklich gewählt: Die Reinhard Mey Nummer „Diplomatenjagd“ kann man so einfach nicht bringen, ohne dass sie zu verwuselt klingt und einen ohnehin undeutlichen Gesang durch zu leise Abmischung nicht komplett zerschießt & „Ca Plane pour moi“ ist mit der Plastic Betrand Nummer ein Ding der Unmöglichkeit es auch nur im Ansatz auf einer Augenhöhe covern zu wollen. Ich komme leider nicht herum, dass wenn jemand ein „späteres“ Album von Normahl antesten möchte, immer wieder auf die „Blumen im Müll“ Scheibe hinzuweisen, da dort der Höhepunkt dieser Phase erreicht war. Dieses Album, bei allem Respekt, kommt leider nicht über eine Anstandswertung hinaus. 1/7
Bitume- Lolch (Rookie)
Bitume sind keine einfache Band. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, denn so ganz warm werde ich persönlich mit der Band auch auf diesem 5 Album nicht. Das hat aber weniger damit zu tun, dass das musikalische Können schlecht ist, sondern dass man durch den polarisierenden Sound der Band entweder von ihr -und auch diesem Album- von Anfang an angefixt ist, oder eben ohne Bitume da steht, denn ein zwischendrin oder „nebenbei“ hören ist bei der Band nicht drin. Auf keinen fall ist man langweilig, man versteht sein Können und hat textlich einiges zu sagen, bei dem man auch peinlich darauf achtet, dass man es nicht abgegriffen oder mit Klischee verpackt. Unterm Strich bleiben hier 13 Stücke im Bitume Sound und mit Schlenkern in Richtung frühe Tote Hosen oder auch Social Distortion. Musikalisch mainstreamfähiger Punkrock, textlich alles auf Deutsch gehalten. Bitume Fans werden hier das wohl beste Album ihre Recken verzeichnen. Anspieltipps: “Einer von vielen”/ „Paul“/ „Grossmaul“ und „Komisch irgendwie“. Wie gesagt: Diesem Baby müsst ihr selbst das Nummernschild umhängen..
Anika – Anika (Invada)
Es gibt Tage an denen will man nur eins – geplättet in der Ecke liegen und die Welt da draußen einfach ihr Ding machen lassen. Den Soundtrack für solche Tage bastelt dafür die Berliner Sängerin Anika mit diesem Album, dass sich aus den Begriffen „Blutvergiftung“ / „Rauschzustand“ / „Dub“ / Reggae“ / „Lof Fi“ und vielleicht nicht immer tongenauer aber dafür charismatischer Stimme zusammensetzt. Mit Stücken wie „Terry“ / der Eigeninterpretation von „End of the World“ / „Sadness kicks the Sun“ und „No one’s there“ erreicht sie mit ihrem eigenwilligen Sound das interessierte Gehör. Mit der Voraussetzung schickt man diesen Silberling gerne noch mal ins Rennen und ziemlich schnell wächst aus der ersten Begeisterung für das „andere“ und „spezielle“ auf dessen Eis sich das Album beim ersten hören bewegt dann das wahre Konzept. Nämlich das, dass es gar kein richtiges Konzept gibt! Dafür aber Schubladenlose, höchstens selbige anschneidende Musik komplett eigenen Charakters. Wer Indie beeinflussten Dub mit `nem Interesse für Sonic Youth gepaart hören und sich sich angenehmn an Velvet Underground & Nico erinnern lassen will, der sollte dem Album eine Chance geben. Sicher nicht das wozu man abgehen, durchdrehen und die Tanzübungen der Unterstufe vorführen kann, aber perfekt um den eigenen Mindfuck zuzulassen. So kann man im Endeffekt guten Gewissens sagen „Ich hab’ mit Anika gefickt- und es war echt O.K.“ -Und mit der Aussage habt Ihr schon mal ein besseres Fazit als ich zu meinem ersten mal.
Hamburger Liedermacher auf den Spuren von Stoppok und teilweise auch Gunther Gabriel, der hier einen Mix aus Blues, Rock, Shuffle, Latin präsentiert. Sozialkritisch aber auch mit humoristischem Inhalt gestalten sich die Texte, stimmlich erinnert das ganze (mich jedenfalls) ab und an an Klaus und Klaus , unterstreicht zusammen mit einigen Anleihen auch dass man sich selbst nicht all zu Ernst nimmt und auch über die eigene Person lachen kann- und das nicht erst beim Hidden Track auf der CD. Musikalisch versteht man sein Handwerk und ist mit erfahrenen Musikern Zu Werke. Anspieltipps sind „Rote Rosen“ (Wir lieben einfach Dramen!) / „Wo ist das Problem“ (das bitte so in eine schnellere Rocknummer als Alternativ Version verpacken) und das melancholisch nach vorne wie zurückblickende „Wir schenken uns nix“ sowie den bereits erwähnten Hidden Track, bei dem man dann den Sprung aus Balladen und Mitteltempo nach vorne wagt- auch davon bitte mehr. Wie gesagt, Freunde deutscher Liedermacher, insbesondere der Herren Stoppok und Gunter G., sollten Charly Beutin ruhigen Gewissens antesten.
Clash of the Monsters – Bloodsucking Zombies from Mars vs. Thee Flanders (Halb 7)
Gegenseitig mit Kunstblut bespucken tun sich diese beiden Bands, die ihre gegenseitige Freundschaft mit dieser Split CD krönen. Gecovert wird sich dabei gegenseitig. Jeweils 4 mal das ganze + jeweils zwei neue und unveröffentlichte eigene Stücke, so dass dieser Silberling es auf zehn Tracks + Intro bringt. Für mich gehen bei diesem Unterfangen die Zombies mit ihren gecoverten Beiträgen als erste über die Linie, ohne aber mit ihrem dreckigen Punkabilly die Flanders (..um den in letzter Zeit etwas melde & schreibfraulen Compadre Norman) im Staub krepieren zu lassen, denn auch die bleiben ihrem Stil treu und stehen mit beiden Creepers fest auf dem Boden der Tatsachen, wie auch des eigenen Könnens. Was bei beiden Bands gefällt ist, dass nicht nur blind gecovert wird, sondern jede Band auch noch ihre eigene Note beim Fremdliedgut mit einbringt. Wer dann noch immer nicht genug hat und sich fragt wie sich so viele aufgeklebte Fleischwunden Live anhören, der bekommt dann noch eine LIVE CD vom letzten Psychomania Rumble oben drauf, bei dem beide Bands Ihr könne zeigen und auch hier die Österreicher der Stamperl-sutzelnden Zombies nach besten Gewissen alles an die Wand knallen was sich aus den Saiten holen lässt. Das ganze kommt im Fold Out Pappschuber und wenn ich sage, dass das ding ne `runde Sache ist, dann meine ich damit nicht nur diese zwei Silberlinge, die in dem Ding stecken! 4/7
The Dark Shadows (Halb 7)
Wir erinnern uns an das Brigitte Handley and the Dark Shadows Album vor einiger Zeit gerne zurück. Dort gab es düsteren Sound und mit –Billy kompatibler Musik sprang uns da aus Down Under ein echter Geheimtipp im Bereich Frauenpunkrock entgegen. Das neue Album könnte dagegen gut und gerne aus der Zeitmaschine gesprungen sein. Denn irgendwo zwischen Courtney Love’s Hole, Douglas P.’s Death in June, Horrorpunk, Dark Wave, düsterem Rock und charismatischer Stimme hätte das Ding so und nicht anders in den 80ern erschienen sein und da schon mit Titeln wie „Denial“ / “Requiem“ / „Emergency“ die Tanzflächen im Strobolicht füllen lassen können. Mit dem gewollt quälend sich ziehenden „Still lives“ schafft man sogar einen Spagat zum (Dark)Ambient, sicher keine einfache Nummer, aber mit eigenem Charme und Aussage. Wer zwischen all den überproduzierten und nervig-überhypten Quengel-Bengeln der „Horrorpunk“ Trendpresse wissen will was wirklich „spooky“ und der perfekte Soundtrack zum Kürbisse schlachten ist, der lädt sich diese 5 Song M-CD nach Hause ein und lässt sich lasziv, ruhig und beängstigend lethargisch ficken. Ins Ohr. 5/7